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Tromsø, nördlich des Polarkreises

Meine letzte Reise in Norwegen hätte nicht besser sein können. Wer einmal nach Tromsø reisen kann, sollte das machen – im Sommer (dann übrigens „Paris des Nordens“ genannt“) wie im Winter. Die mit über 70.000 Einwohnern gar nicht mal so kleine Stadt ist dennoch überschaubar. Insbesondere die touristisch interessante Innenstadt ist in 30-60 Minuten durchwandert.

Nach Tromsø wollte ich, um noch eine ganz andere Region von Norwegen zu sehen. Die Süd- und südliche Westküste ist wunderschön und auch die Berge waren spektakulär. Aber die Sonne geht nur dort oben nicht mehr auf (und im Sommer nicht unter).Ganz dunkel ist es dabei gar nicht. Die Sonne bleibt lediglich unterm Horizont. Das Licht ist vergleichbar mit dem Sonnenuntergangslicht, wie man es auch in Deutschland kennt. Aber die Zeitspanne ist doch deutlich kürzer, was sich wirklich merkwürdig anfühlt. Morgens um 9.00 Uhr ist es relativ hell, alles scheint etwas bläulich. Ab 13.00 Uhr ungefähr wird es  aber dunkler und gegen 15.00 Uhr ist es spätestens dunkel. Der Abend dauert gefühlt ewig.

Aber die fehlende Helligkeit lässt die Bewohner und Touristen nicht Trübsal blasen, die Einkaufsstraße war  gerade am (Black-) Freitag und Samstag sehr gefüllt. Nach meinem Hinflug, der so lange dauerte, wie mein Flug zurück nach Düsseldorf, bin ich entlang der Strandgata zum Tromsø Museum gepilgert.

Das Museum, etwas arg vom Reiseführer angepriesen, beherbergte eine sehr moderne Ausstellungen über Stein-, Eisen- und andere Zeiten. Klima und Flora und Fauna wurden ebenso behandelt wie Werkzeuge der früheren Bewohner von Troms und der Finnmark. Es ist etwas mehr auf Kinder und Jugendliche ausgerichtet, aber dafür sehr gut gemacht.

Zum anderen gab es aber auch noch die Ausstellung über die Samen, die als Eingeborene von Nordskandinavien angesehen werden. Die wurde irgendwann in den 1970er Jahren eröffnet, um damals die Norweger über die lange unterdrückte Volksgruppe aufzuklären, und seitdem unverändert. Museum im Museum.

Durch Zufall las ich – zurück in der Stadt – von einem Kammerkonzert im Dom, was jetzt größer klingt als er war, aber diese Hauptkirche ist der nördlichste protestantische Dom und dabei auch eine der größten Kirchen in Norwegen. Das Konzert war umsonst und nicht nur deswegen sehr schön. Nach Grieg mit Gesang und einem anderen norwegischen Komponisten erklang Schumanns Klavierquintett in Es-Dur. Den weiteren Abend hab ich doch tatsächlich im Hotelzimmer gearbeitet, da eine Gruppenarbeit fällig war.

Der Samstag wartete mit wenig Licht, dafür mit Nebel auf. Am Vormittag habe ich mir die Stadt noch einmal bei mehr Licht angesehen, den ein oder anderen Souvenirshop und tausende dort feilgebotene Trolle begutachtet. Statt eines hässlichen Trolls habe ich mir als Andenken eine in Tromsø gestrickte norwegische Wollmütze gekauft. Bestimmt die nördlichste konventionell vertriebene Wollmütze.

Am frühen Nachmittag kam Raimund dazu, ein Student aus Kristiansand (eigentlich Deutschland), den ich in einer Vorlesung kennengelernt habe und der auch Bock auf Tromsø hatte. Außer einer schnellen Runde durch die schon wieder dunkle Stadt und einem reichhaltiges Essen vom Pizza-Buffet, das erstaunlich günstig ist, aber nur bis 18 Uhr gilt, haben wir noch ein wenig im Hotelzimmer gechillt, bevor wir auf die Jagd gingen:

Die Jagd nach Polar- oder Nordlichtern, oder auch Aurora Borealis. Tromsø ist im Winter eine bekannte Anlaufstelle, um die Lichter zu sehen. Doch das Wetter wollte an dem Abend nicht so wirklich. Der Nebel vom Tag hielt sich zäh und obwohl ich am Vormittag nach kurzer Internetrecherche und Erkundung einen guten Platz an einem zugefroren See gefunden hatte, versperrten die Wolken die Sicht. Nach zwei Runden um den großen See und dennoch ausbleibenden Nordlichtern beschlossen wir, zurückzugehen und es am nächsten Abend wieder zu probieren.

Nur um sicher zu sein, starrten wir immer wieder gen Himmel und als wir eine Straße überquert hatten, die im übrigen super rutschig war, sahen wir einen leichten grünen Streifen am Himmel. Zum Glück grenzte gerade ein Friedhof an die Straße, der mit Dunkelheit glänzte: Perfekt fürs Nordlicht. Da war es dann also doch. Zwar relativ zart und ohne starke Dynamik aber gut 15 Minuten konnten wir das Polarlicht gesehen. Leicht berauscht und unterkühlt ging es zurück ins Hotel.

Am Sonntag liefen wir über eine lange Brücke auf das Festland, Tromsøs Ursprung und Zentrum liegen nämlich auf einer Insel. Am anderen Ende der Brücke liegt die Eismeerkathedrale mit einer interessanten Architektur. Ich hätte aufgrund des modernen Anscheins nicht mit dem Baujahr 1965 gerechnet. Sie soll, so mein Reiseführer, übrigens die Trockenfisch-Gestelle, gleichzeitig aber auch Polarnacht, Mitternachtssonne und Nordlicht symbolisieren.

Das eigentliche Ziel war die Seilbahn hoch auf den Storsteinen, von dem ein umfassender Blick über Tromsø geboten wurde. Wir passten die Zeit so ab, dass es noch hell war, als wir oben ankamen. Nach einer Wanderung – teilweise durch Eis und Schnee – auf den nächsten Gipfel dämmert es allmählich. So konnten wir auch den noch schöneren Anblick der leuchtenden Stadt sehen.

Der sternenklare Himmel versprach für diesen zweiten Abend beste Bedingungen für die Nordlichter. Lediglich der Mond war so stark, dass er Schatten warf, aber das war zu verkraften. Im Nachhinein konnten wir unser Glück wieder nicht fassen, denn kurz nachdem wir den See erreichten, begannen die grünen Strahlen über uns. Und dieses Mal waren es viele. Sie waberten, wurden heller und dunkler, bewegten sich, teilweise sehr schnell, und verschwanden, um an anderer Stelle wieder aufzutauchen. Es hat sich ein wenig gerächt, dass ich kein Kamerastativ dabei hatte, aber die Erinnerungen bleiben auch ohne perfekte Fotos (die kann man auch bei Google finden).

Mit Tromsø ist die Reisezeit in Norwegen endgültig vorbei. Es war ein fulminanter Abschluss, der auch Interesse an den endlosen Sommertagen geweckt hat. Ich werde gewiss wiederkommen. Besonders kalt war es übrigens nicht. Der Golfstrom hält die Kälte moderat. Weniger als -10°C gibt es selten. Bei mir war es knapp unter 0°C.

Heute, Mittwoch, nach der zweiten Klausur, bleiben noch neun Tage bis ich zurück nach Deutschland fliege. Raimund ist bereits daheim, Loes, meine Flurnachbarin fliegt morgen. So langsam brechen alle auf.

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